Archevêché des églises orthodoxes de tradition russe en Europe occidentale

Patriarcat de Moscou

Weihnachtsbotschaft 2025/2026 Seiner Eminenz Metropolit JOHANNES von Dubna

an die Exzellenzen, den Klerus, die Mönche, die Monialen und die Gläubigen des Erzbistums der orthodoxen Kirchen russischer Tradition in Westeuropa.

 

CHRISTUS IST GEBOREN, IHN LASST UNS VERHERRLICHEN!

Wer ist Jesus Christus für uns?

Seit einiger Zeit schon wollen uns zahlreiche Veröffentlichungen, abgelöst von den neuen Medien, davon überzeugen – und zwar auf hinterhältige Weise unter einem wissenschaftlichen oder psychoanalytischen Deckmantel –, dass das Christentum eine infantile, ja sogar « archaische » Religion sei, dessen rein mythologische Glaubensinhalte sich auf überholte Dogmen stützten, die einst den nur allzu menschlichen Durst nach dem Übernatürlichem sättigen sollten. All das hätte heute, den unterschiedlichen Autoren zufolge, jegliche Glaubwürdigkeit verloren und keine Zukunft mehr. Das Christentum sei folglich eine Religion wie alle anderen, dessen Schicksal schließlich in einem kaum wahrnehmbaren transzendenten Humanismus und einem verweltlichten Respekt vor dem Menschlichen enden würde, ein auf umfassende Ausbreitung angelegtes, durch den universal sich ausbreitenden Humanismus gerühmtes Projekt, eines Humanismus, der sich selbst schon erschöpft hat.

Für die Christen bedeutet das eine wirkliche Herausforderung für die Zukunft. Christus persönlich stellt uns die zentrale Frage nach unserem Glauben, wie er sie auch seinen Jüngern gestellt hat: “Und ihr, für wen haltet ihr mich?”

Wer ist dieser Jesus, dessen Geburt wir bald feiern werden?

Ist er ein Mensch, und nichts weiter als das, der einige Wunder gewirkt hat und der sich durch seine Lehre einreiht in die großen Schöpfergestalten der Religionen? Für viele Menschen heute ist Jesus nur das. Ist er aufgrund seines religiösen Genius der Begründer einer universellen Morallehre, ganz ausgerichtet auf die Menschenrechte – einer Morallehre, die der universale Humanismus versucht, auf der ganzen Erde zu verkünden, die anziehend und verführerisch ist, ohne sich allerdings auf Denjenigen zu beziehen, der im Namen eines Anderen gesprochen hat? Man versucht heutzutage, die Christen genau das glauben zu machen.

Oder ist Er es, Jesus Christus, die Offenbarung Gottes in der menschlichen Geschichte, der Sohn von Ewigkeit her des einen liebenden Schöpfergottes? Ist Er selbst Gott, die zweite Person der Dreieinigkeit? Generationen von Kindern, Frauen und Männern haben genau das bekannt, manchmal sogar unter Hingabe ihres Lebens, weil sie Antwort gegeben haben auf die Frage, die Jesus ihnen gestellt hatte. Für die Humanisten heute ist das eine Torheit. Der heilige Paulus erinnert uns daran, dass es auch die Menschen damals für eine Torheit gehalten haben. Und wir können ohne jeden Zweifel sicher sein, dass es für die Menschen von morgen ebenfalls eine Torheit sein wird…

Seit zweitausend Jahren lässt sich die Frage Jesu nicht ausschöpfen; immer hat sie zum Widerspruch herausgefordert, hat sie die gleichen Angriffe auf den Glauben der Kirche provoziert. Seit der ersten christlichen Predigttätigkeit, sich durch die großen christologischen Konzilien hinziehend, seit dem Zeitalter der Reformation und der Aufklärung und schließlich bis heute unterscheiden sich die vorgebrachten Zweifel an der Göttlichkeit Christi und der Widerspruch, der sich gegen die Christen richtet, nicht sonderlich.

Unser Glaube, den wir im Credo ausdrücklich bekennen und in jeder Liturgie verkünden, stimmt überein mit dem Glauben der Apostel und der ersten Jünger Jesu und mit dem im Neuen Testament aufgeschriebenen Wort. Dieser Glaube gründet sich auf die Person und das Wort Jesu Christi. Seine Person und sein Wort sind die Quelle des Glaubens und der Gemeinschaft der Christen. Die Kirche ist der Ort, an dem diese Person lebt, und sie darf den Fortbestand des Wortes [Christi] erfahren. Die ersten Zeugen des Wirkens Jesu bildeten schon die Kirche, das heißt folglich: die Jünger, die sich zur Wirklichkeit der Person Jesu bekannt haben. Die Gemeinschaft, die sich um Christus gebildet hatte und die die Frohe Botschaft des Evangeliums Gottes verkündete, bezeugte vor aller Augen, dass die Existenz und die Botschaft Christi eine historische Realität sind. Man kann den im Glauben erfassten Jesus nicht vom geschichtlich fassbaren Jesus trennen, wie es gewisse zeitgenössische Exegeten tun. Niemand hat die Wirklichkeit des Lebens und des Todes Christi in Zweifel gezogen, weder die Juden noch die Heiden. Einzig einige sogenannte moderne « Historiker », mehr Sensationen zugeneigt als der Geschichtswissenschaft, haben den „Mythos Jesus“ vorgeschoben. Es ist heute unbestritten, dass Jesus wirklich existiert hat und dass er ein wesentlicher Bestandteil unserer Geschichte ist.

Die Fleischwerdung, das durch Christus, den Sohn, verkündete Heil, die Auferstehung, die dem Tod seinen Sinn verleiht, die Liebe Gottes des Vaters für seine Schöpfung, die stärkende Gegenwart des Heiligen Geistes, die Kirche als Ort der Barmherzigkeit und der Vergebung für den von der Sünde verletzten Menschen, alles das gehört zur Geschichte von Jesus Christus, so wie er selbst zur Geschichte der Menschheit gehört und dieser Geschichte Sinn verleiht.

Wenn Jesus der Christus nicht Gott ist, dann gibt es kein Christentum mehr, dann gibt es keinen christlichen Glauben mehr und wir sind die erbärmlichsten unter den Menschen, wie der heilige Paulus sagte.

Doch der Christ lebt aus dem Glauben und stützt sich auf Sicherheiten. Auf die Frage, die Jesus seinen Jüngern stellt: “Für wen aber haltet ihr mich?” antwortet Petrus: “Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.” (Mt 16,15-16). Die Antwort des Petrus ist auch unsere Antwort heute. Wir erinnern daran und verkünden vor den Augen aller, dass Christus der Sohn des lebendigen Gottes ist, der uns in unserem Leben und unserer Existenz das Leben und die Sinnhaftigkeit schenkt. Die Verkündigung dieses Glaubens, Hoffnung für uns Arme, die wir sind, ist die eigentliche dynamische Kraft des Christentums; es ist das Herz der orthodoxen Kirche, das im liturgischen Rhythmus der fortdauernden und lebendigen Gegenwart des Auferstandenen schlägt, des Sohnes des lebendigen Gottes, der Adam – den Menschen – dem Tod entreißt, denn er hat das Böse auf sich genommen und gibt ihm sein göttliches Antlitz wieder.

Weihnachten, das ist die Zeit für [unser] Glaubensbekenntnis. Das neugeborene Kind in der Krippe ist eben dieser Sohn Gottes, der die erbärmliche Grotte von Betlehem gewählt hat, um dem einfachen Menschen klarzumachen, dass die Demut Gottes der größte Beweis seiner Liebe zu uns ist.

Euch allen ein gutes und heiliges Fest der Geburt Christi. Friede und Freude allen Menschen guten Willens, die ihr Herz dem lebendigen Gott öffnen.

Paris, 25. Dezember 2025 / 7. Januar 2026

† Metropolit JOHANNES von Dubna,

Erzbischof der orthodoxen Kirchen

russischer Tradition

in Westeuropa